Das stille unsichtbare Leid,
tief im Herzen, eines starken Menschen,
ist die Unsichtbarkeit des Wunsches nach
Geborgenheit in manchen Momenten…
Monat: Mai 2014
Falling in love…
Jedes Jahr wiederkehrend. Dieser Moment, wenn die in der Heimat gewachsene rote wunderbare Frucht deinen Geschmackssinn berührt und du weißt, der Sommer ist nicht mehr fern. Wenn sie in deinem Munde zergeht, dieses unnachahmliche, liebevoll aussehende, göttliche Geschenk der Natur…
Legenden
2035
Manchmal wenn Oma mit Enkelin Rieke sitzt und diese ihr wieder strahlend aus ihrer Welt berichtet, schüttelt sie den Kopf. Also damals war alles anders. Und während Oma noch lächelnd an ihr damalig, vor 50 Jahren gestochenes Revoluzzerbrustwarzenpiercing und ihr Tattoo denkt, welches zu der Zeit von ihre Mutter wild gestikulierend und kopfschüttelnd in Augenschein genommen wurde, so haben sich doch die Zeiten weiterhin rasant geändert und Oma gibt sich die allergrößte Mühe mit Rieke auf dem Laufenden zu sein.
Und manchmal versucht sie ihre Enkeltochter mit in ihre Welt zu nehmen. Eine vergangene Welt, was ebenso schwierig ist. „Oma, heutzutage ist die Welt eben anders“, hört diese dann, während sie einen tiefen Zug aus ihrer Havanna inhaliert. Lehnt sich zurück und läßt sich von ihrer Enkelin die Welt erklären.
Rieke ist mit Mark zusammen. Die beiden sind extrem trendy, zeitgemäß immer up to date. Sie ist erfolgreiche Bänkerin und Mark kümmert sich, wie es sich heutzutage gehört, als Bügelprofi und Fünfsternekoch at home, um den gemeinsamen Nachwuchs. Er hatte ihn vor ungefähr einem Jahr unter Schmerzen zur Welt gebracht und wäre beinahe krepiert an dem Schwergewicht von 2,5 kg. Wehmütig dachte Mark noch kurz vor der Geburt an die Zeit zurück, als dieses noch rein in Frauenhand lag. Aber der Schmerz ging schnell vorbei und mit nur drei Monaten konnte der Nachwuchs schon in einer Hippsterkrippe für ein paar Stunden entsorgt werden, sodaß Mark wenigstens ein paar Stunden am Tage Zeit für sich hatte. Ja, die Zeiten ändern sich.
Glücklich war Rieke an dem Tage bei der Geburt mit dabei und noch glücklicher konnte sie am kommenden Tage wieder in ihre heiß geliebte Bank gehen, mit anschließendem Wellness-Fitness Programm bei Robert. Zum Glück gab es noch Robert. Mark war ja nun mit dem Nachwuchs beschäftigt und der schniecke Robert übernahm solange die ehelichen Pflichten des im Wochenbett liegenden Vaters, zu ihrer vollsten Zufriedenheit. Oma findet das immer noch komisch.
Das Paar wohnt, jeder für sich versteht sich, im angesagtesten Hippsterviertel einer großen Stadt, deren Rush-Hour mittlerweile 13 Stunden am Tag läuft. Diese Rush-Hour muss ausgenutzt werden, denn Zeit ist schließlich Geld. Und wenn Rieke manchmal von ihrer Oma hört, wie wenig diese doch damals am Tagespensum nur schaffte, mit durchschnittlich 8 Stunden Schlaf, schüttelt sie jedesmal mit dem Kopf. Oma lebte durch ihren ineffektiven Achtstundenschlaf ja viel zu wenig damals. Heute ist das anders. Dank pharmazeutischen Superdurchbrüchen, brauchen Rike und Mark seit Jahren nur noch zwei Stunden Schlaf. Die Nebenwirkungen dieser großen Zeitersparnis sind fast unerheblich, kaum erwähnenswert und können dank bezahlbarer Chirurgenflatrate schnell wieder wett gemacht werden. Oma schüttelt weiter den Kopf.
Rieke kann so ihren durchschnittlichen 12 Stunden Arbeitstag erfüllen und hat dennoch genug Zeit, für all die elementar wichtigen Dinge, die man eben so braucht als Großstadtkind. Ihrem besonderen Steckenpferd, dem Mainstream zu folgen, nein, quasi Vorreiter (die feminine Veränderung von Wörtern, wie auch Vorreiter/in, wurden im Jahre 2025 nach langem Kampf der Extremistisch-veranlagten-maskulinistischer-antifeministischen-Frauen-und-Männerbewegung mehrheitlich wieder abgeschafft) zu sein, schenkt sie besonders viel Aufmerksamkeit. Enorm wichtig.
So saß sie vor nicht langer Zeit bei dem renomiertesten Chirurgen der Stadt und ließ sich ihre Schamlippen auf 12 cm Verlängern. Die Inneren versteht sich. Der neuste Schrei aus China, bzw. in China. Und da dieses Land mittlerweile markführender Trendvorreiter, nebst Weltherrschaftssitz ist, sitzt Rieke nun freudig mit gespreizten Beinen und betäubtem Genital auf des Chirurgens weißem Designerkunstlederstuhl. Mark ist zeitgleich nebenan. Das dritte Mal schon, dass er sich den Sack straffen lässt. Seine potenten Eier sind einfach zu schwer und leiern mit der Zeit einfach immer wieder aus. Dazu dieses Mal gleich ne Anusstraffung inclusive, ebenfalls ein unerlässliches Muß und somit erforderlich für besagtes Trendpaar. Afterbleaching wird ja mittlerweileja direkt nach dem zehntem Lebensjahr durchgeführt, somit muss er sich wenigstens damit nicht auch noch rumschlagen.
Seiner beginnenden Platte auf dem Schädel soll nächste Woche Einhalt geboten werden. Dafür hat er sich schon aus dem wunderbarem Katalog des Wunderarztes, eine gut und dichtbehaarte Schädeldecke eines nicht namentlich bekannten Mannes aus Fernost ausgesucht. Die sind ja dort bekannt für ihren langanhaltenden Haarwuchs und somit muss Mark sich hoffentlich nur einmal unter Messersschneide legen und wird die volle Pracht dann für sein Leben tragen. Oma findet eigentlich, das Opa Herbert, das damals auch hätte gebrauchen können. Schweigt aber dazu.
So schaut Oma ihre noch hübsche Enkeltochter an, denkt an Opa Herbert der vor nicht allzulanger Zeit nach 52 Jahren Eheleben verstarb. Ein Mann mit dem sie ihr ganzes Leben verbrachte, während Mark schon Riekes 97. ist. Laut Enkeltochters Bericht. Denkt an das Umwerben von Herbert damals, an den ersten Kuss unter der Linde im Stadtpark eines Sommerabends. Denkt an den ersten Tag als Herbert ihr mit zitterigen Händen die Bluse langsam auszog. An eine Zeit als ein Rasiermesser nur von einem Mann benutzt wurde, und das für dessen Gesicht. Denkt daran wie Herbert um sie warb, sie eroberte und an heute. Eine Welt die zu schnell für sie ist. So gern sie doch noch mithalten möchte. Zumindest irgendwie. Und eines Tages wird es Menschen wie Oma nur noch in den alten Legenden geben. Überliefert, an die staunenden Augen der new generation…
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